Antike Siebe für Mehl, aus dem vergangenen Alltag von Bäcker, Müller und auf dem Bauernhof.
In Ägypten wurde schon von Jahrtausenden mit Sieben Großes von Kleinem getrennt. Im alten Testament wird schon über das Sieb berichtet. Machen wir einen kurzen Rundumschlag um die Siebe und Kollegen.
Nicht alles was viele Löcher hat, ist ein Sieb. Spontan denken wir an Teesieb, damit Teewasser und Tee voneinander getrennt werden, den Seiher, der Nudelwasser ablaufen lässt, sogar das Fliegengitter „siebt“ die Luft vor lästigen Fliegen. Bei der Teigherstellung wird ein Sieb verwendet, um pulverförmige Lebensmittel, wie Mehl oder Puderzucker ganz fein zu sieben, damit der Teig luftig wird und sich keine Klümpchen bilden.
Doch schön der Reihe nach. Ein Sieb oder ein Seiher ist ein Hohlkörper mit kleinen, netzartigen Löchern, manchmal mit einem stielförmigen Griff. Nicht nur die Formen sind variabel, auch die Größen und die Materialien.
Wann brauche ich Sieb und wann brauche ich Seiher?
- Generell: Ein Seiher wird meist verwendet, um Festes von Flüssigem zu trennen, also zum Beispiel gekochte Nudeln oder Gemüse vom Kochwasser. Seiher haben im Unterschied zu Sieben größere Lochungen, damit auch Kleinteilchen mit der Flüssigkeit durch die Öffnungen weggeschwemmt werden und Du am Schluss eine saubere Angelegenheit im Küchenseiher hast.
- Siebe sind gegenüber dem Seiher feinmaschiger
Sie haben viele verschiedene Einsatzzwecke in der Küche: Du kannst damit Flüssigkeiten wie Brühen oder Saucen reinigen oder, siehe oben, pulvrige Substanzen wie Mehl oder Puderzucker durchsieben.
Nimm die richtigen Siebe und Seiher
Warum braucht es überhaupt so viele verschiedene Küchensiebe und Seiher?
Ganz einfach: Viele Arbeitsschritte in der Küche erfordern ein eigenes Gerät für Deine optimalen Ergebnisse. Jeder, der schon mal Nudeln mit einem feinen Mehlsieb abgießen wollte, weiß, wovon ich rede. Die Mehlstärke verklebt die feinen Löcher. Und das heiße Wasser macht sein Übriges, danach sind die Sieblöcher wie zubetoniert.
Worauf kommt es an:
- Die Größe der Lochungen ist die eine Sache,
- dann kommt es auch auf Durchmesser und Format des Seihers oder Küchensiebes an.
- Ein Seiher für Nudeln ist natürlich größer als der Seiher, den der Barkeeper für seine Cocktails verwendet,
- ein Teesieb sieht ganz anders aus als ein Mehlsieb.
Wo brauchte man überall ein Sieb?
Neben der Küche hat das Sieb natürlich auch seinen Platz im Labor, hier werden mit Prüfsieben Materialien voneinander getrennt. Hochspannend! Im Leben nie hätte ich gedacht, dass es SO viele Anwendungsmöglichkeiten von Sieben gibt. Hier wird das Sieb zum Filter. Nicht aus Papier und damit anfällig für den schnellen Verschleiß, sondern aus hochwertigstem Metall.
Apropos Papier – wir machen uns wohl kaum bewusst, dass die Erfindung des Papiers eng mit der Herstellung eines Siebes verbunden ist. Ganz grob erklärt: Lumpen (Zellulose), Faserstängel, Holzschnipsel etc. wurden in einer Papierbrühe vermengt und in ihre Bestandteile aufgelöst. Mit einem rechteckigen Sieb wurde dann der Zellulosebrei vom Wasser getrennt – tata – nach der Trocknung entstand EIN Blatt Papier.
Warum so viele Größen für die Siebe?
Schauen wir mal in die alte Bäckerei:
Bei jeder Verwendung blieb auch etwas von dem Gesiebten im Mehl hängen. Im kleinen Sieb war es weniger, im großen Sieb mehr.
Lebensmittel waren kostbar, entweder in der Anschaffung oder auch in der vielen Arbeit, die in der Herstellung steckte. Für eine kleine Menge Mehl konnte man kein großes Sieb nehmen – so etwas wäre reine Verschwendung. Aber eine große Menge fürs kleine Sieb wäre unwirtschaftliche Vergeudung von Arbeitszeit
Mit antiken Sieben zurück in die Vergangenheit
Aus der Bäcker-Umgebung stammen wohl diese antiken Siebe für’s Mehl. Aus einer Zeit, wo noch gesiebt wurde. Heute kommt in ganz vielen Fällen die Backmischung in Säcken bei vielen Bäckereien an, oft sogar gleich als gefrorener Teigling, der nur noch aufgebacken wird.
Wie wäre es, selber Brot zu backen?
Zu schwierig? Zu aufwendig? Jein, es dauert ein wenig, bis man sich reingefuchst hat, bis man weiss, wann muss ich was tun – die eigentliche Arbeit dauert gar nicht so lange.
Als ich anfing, Brot zu backen, lebte ich – zeitweilig – in Südungarn auf dem Land, das Brot war grottenschlecht und mir fiel ein Buch von Lutz Geißler in die Hände. Das hat mich gerettet und mir die Augen geöffnet.
Ich verlinke ihn hier und das mache ich aus Dankbarkeit, weil mir das sooo geholfen hat. Das ist KEINE bezahlte Werbung. Er schreibt gute, nachvollziehbare Bücher, macht Präsenz- und Onlinekurse und hat einen sehr informativen Newsletter.
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Und ich habe schnell mit Sauerteig begonnen. Wer sich die Mühe des selber Ansetzens sparen will oder gerne schon einen alten Sauerteig haben möchte – es gibt eine Sauerteigbörse im Internet. Dort kann man sich wohnortnah einen Ansatz besorgen.
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Faszination Sieb und Brot und Backen
Siebe wirken magisch auf mich. Wenn ich alte Siebe sehe, MUSS ich sie anfassen. Und immer wieder bin ich verblüfft, wofür wir alles ein Sieb brauchen, ein so archaisches, Jahrhunderte altes Gerät. Mir kommen alte Kinderbücher in den Sinn. Dort steht die Bauersfrau mit ihrer Schürze in der großen Küche und ist auf biblische Weise dabei, mit dem Sieb Mehl und Spelzen voneinander zu trennen. Ich erinnere mich auch, wie meine strege Großmutter, der kein Stäubchen entging, fast meditativ das Mehl für ihre Weihnachtsplätzchen siebte. Der feine Staub machte nicht am Küchentisch halt und es störte sie nicht.
Heute kaufen wir vorgesiebtes Mehl im Laden oder Online – mit dekorativen historischen Sieben bringen wir ein Stück Geschichte in unseren Küchen- und Lebensalltag. Und mit dem eigenen Brot schaffen wir uns ein ganz besonderes, sinnliches Erlebnis.
Aber am Anfang steht das Sieb …
Historischer Text zur Siebherstellung
„Ein hölzernes Sieb entsteht auf folgende Weise. Man spaltet erst von dikken Tannenbäumen oder Kienbäumen ein Stückk nach dem andern, dieses wird mit dem Schnizzer auf der Schneidebank dünner geschnitten. Diese Bank ist ein langes Brett mit einem vorne eingeschlagnen Zapfen, um ein dergleichen zu schnizzendes Holz daran feste zu stemmen. Alsdenn biegt man es auf der Biege. Diese Biege besteht aus zween an die Wand gelehnten Bäumen mit mit zween runden Queerriegeln, über welche man ein solches gespaltenes Holz Stelle vor Stelle krumm biegt, so daß die Fasern davon eine Krümmung annehmen, und sich das Holz in beiden Händen zirkelrund biegen läßt. Daraus macht man einen Siebrand, dessen Peripherie drei Ellen lang, und die Breite zu grossen Sieben über einen halben Fuß hoch ist. Zu kleinen Sieben ist der Rand schmäler und kürzer. Man stekkt solche Ränder, wenn man sie vorräthig macht, eins immer kleiner als das andre, in einen Einsazz in einander, und dieses nennt man Ring. Einer enthält dreissig Ränder. Sie sind von Tannen oder Kienholze.“
Quelle: Johann Samuel Hallens, Professors der Historie bei dem Königlichen Preussischen Kadettenchore in Berlin, Werkstäte der heutigen Künste oder Die neue Kunsthistorie. 1761
Redensarten über das Sieb
- Das neue Sieb hängt man an den Nagel, ein altes wirft man achtlos auf die Erde.
- Einen Kopf wie ein Sieb haben
- Ein Sieb hält kein Wasser
- Wer nicht durch ein Sieb sehen kann, muss blind sein
- Das Sieb wird nimmer voll, so lange man auch schöpfen soll